Seit fast fünf Jahrzehnten setzt sich fairunterwegs für verantwortungsvollen Tourismus ein – und startet nun eine Zusammenarbeit mit Solafrica. Im Interview erklärt Geschäftsführer Jon Andrea Florin, was faires Unterwegssein bedeutet, weshalb sie das KlimaTicket gut finden und wieso die G.L.Ü.C.K.-Formel Reisenden Orientierung gibt.
fairunterwegs setzt sich seit 1977 für einen verantwortungsvollen Tourismus ein. Was bedeutet für Sie persönlich: fair unterwegs sein?
Mir bringt faires Unterwegssein immer wieder neue Entdeckungen und Eindrücke, die mein Leben prägen. Dasselbe passiert mir auch bei fairem Kaffee und naturnahem Wein. Allgemeiner: Beim fairen Unterwegssein findet ein fairer Austausch statt: Einer, der meine Lebenszufriedenheit und die Lebensqualität der Locals erhöht und die Überlebenschancen des Planeten nicht beeinträchtigt. Dieses Unterwegssein führt zu nachhaltigem Glück.
Welche Rolle spielt der Klimaschutz heute im Bereich Reisen und Tourismus – und wie hat sich Ihr Fokus in den letzten Jahren verändert?
In den 70-er Jahren war das Klima kein Thema und Fliegen konnte man auch nur selten. Das Klimathema kam erst in diesem Jahrhundert so richtig in Fahrt. Nun bestimmt es die Diskussion.
Ein fairer Tourismus kann nur einer sein, der das Klima nicht belastet. So plädieren wir fürs Nahreisen und seltene, aber lange Reisen in die Ferne. Dass wir uns neuerdings vor allem mit Nahreisen und weniger mit Fernreisen beschäftigen, hat die Organisation ziemlich auf den Kopf gestellt, denn unsere Wurzeln liegen im Engagement für globale Gerechtigkeit. Das wäre, wie wenn Solafrica plötzlich Soleuropa hiesse.
Sie empfehlen neu unser KlimaTicket als Teil eines klimabewussten Reiseverhaltens. Was hat Sie überzeugt, dieses Angebot in Ihre Plattform aufzunehmen?
Uns haben das einfache Modell und die Organisation dahinter überzeugt. Zu Solafrica: Uns entspricht nicht nur euer Zweck – Solarenergie für alle – und damit der präzise Fokus, sondern auch eure solakratische Teamorganisation.
Zum einfachen Modell: Der Dreiklang – ein Rappen pro Kilometer, der in neue Solaranlagen in der Schweiz geht und deren Gewinn in Solarprojekte im Süden fliesst – leuchtet sofort ein und ist ebenso transparent wie sympathisch. Diese elegante Schlichtheit zerstreut alle Bedenken. We like it.

Welche Haltung vertreten Sie gegenüber Flugreisen in Ihrer Kommunikation?
Wir haben eine praktische und eine politische Haltung. Die praktische: möglichst alle Flüge vermeiden und wenn, dann einen Direktflug nehmen (gilt nicht immer), länger bleiben und die Treibhausgasemissionen kompensieren. Mehr dazu hier.
Doch individuelles Handeln allein reicht nicht. Es braucht auch die Politik. Sie muss die Rahmenbedingungen so verändern, dass Fliegen nicht noch gefördert wird. Also dass man fürs Fliegen den tatsächlichen Preis inklusive Klimaschaden bezahlt. Und das ist viel mehr als nur ein Rappen pro Kilometer.
Viele Reisende suchen nach Orientierung: Was raten Sie Menschen, die einerseits die Welt entdecken wollen, andererseits aber ihren CO₂-Fussabdruck klein halten möchten?
Ich lege ihnen unsere G.L.Ü.C.K.-Formel ans Herz. Sie geht so: Gemächlich unterwegs sein, Lokales bevorzugen, offen für Überraschungen sein, CO2- und andere Emissionen minimieren und einen korrekten Preis bezahlen. Das sorgt für das nachhaltige Glück, das ich vorher geschildert habe. Wie die G.L.Ü.C.K.-Formel genau funktioniert, steht hier.
Wir sind überzeugt, dass faires Unterwegssein und die Welt entdecken kein Widerspruch sind. Vielmehr entdeckt man viel mehr von der Welt, wenn man fair unterwegs ist.
Was wünschen Sie sich von Reisenden in Zukunft – und welche Entwicklungen machen Ihnen Hoffnung?
Zeit – sie ist der entscheidende Faktor. Ich wünsche mir ergo, dass sich Reisende Zeit lassen, um sich zu erholen oder Neues zu erkunden. Fast Travel macht nicht satt. Langsamreisen hingegen macht glücklich.
Die Entwicklung, die mir derzeit am meisten Hoffnung macht, ist der Overtourismus-Überdruss. Die Gastgebenden wollen von den Tourist:innen nicht erdrückt und verdrängt werden – und immer mehr Reisende wollen keine Menschenmassen im Selfie. Ob sich daraus eine neue Reisekultur entwickelt? Wir werden es sehen.
